Svatanie und der elterliche Segen für eine Heirat in der Ukraine

Jede Nation hat ihre ganz eigenen Traditionen und Rituale rund um eine Hochzeit. Diese werden von Generation zu Generation weitergegeben. Alle von ihnen sind nicht einfach so aus dem Nichts entstanden und daher voller Bedeutung und Symbolkraft. Natürlich haben sich viele der Traditionen im Laufe der Jahre geändert und sind dem modernen Zeitalter angepasst worden. Ihre Bedeutung und Aussagekraft ist dabei jedoch nicht abhanden gekommen.

Trotz dem Wechsel der Generationen und dem Wechsel der Mode und der modernen Vorlieben der Brautleute ist die Macht ukrainischer Volkstraditionen immer noch ungebrochen. Daher sind die Svatanie-Zeremonie und der elterliche Segen für die Hochzeit auch noch bis heute als schöne und heilige Bräuche in der Ukraine bewahrt geblieben. Jedes moderne Paar entscheidet für sich selbst, welche Rolle den Hochzeitstraditionen beigemessen wird. Ein Mann und eine Frau erinnern sich sehr wohl an die wichtigsten davon, bevor sie sich zur Heirat entschließen.

In diesem Artikel werden wir über die bedeutenden und unausweichlichen Komponenten der ukrainischen Svatanie-Zeremonie, die Zeremonie des elterlichen Segens für das junge Paar und über solch wichtige Attribute wie das Hochzeitstuch sprechen.

Die Zeit vor der Hochzeit – Svatanie (Partnervermittlung durch die Eltern)

Ukrainer haben sich schon immer Gedanken um ihre Zukunft gemacht, insbesondere über das Fortbestehen und die Stabilität ihrer Familie. Sie sind schon immer in dem Glauben gewesen, dass eine Ehe glücklich wird, wenn die Frischvermählten und ihre Familien eine Anzahl von Bräuchen durchlaufen - Bräuche, die ihnen von den Vorfahren anvertraut worden sind. Daher bilden gewisse Rituale - begleitet von entsprechenden Taten, Liedern, Glücksbringern und Tänzen - die Basis einer ukrainischen volkstümlichen Hochzeit. Manche Menschen sind sogar der festen Überzeugung, dass die Frischverliebten ohne entsprechendes rituelles Geschehen, nicht heiraten können.

Ukrainische Svatanie in den alten Zeiten

Die vorhochzeitliche Phase in den guten alten Zeiten umfasste u.a. die Svatanie. Der Bräutigam schlug seiner Freundin die Hochzeit vor und zwar in der Gegenwart der Eltern. Keine Hochzeit wurde ohne dieses Svatanie, also ohne die „bewilligte Verkupplung“ der Eltern, durchgeführt. Sie war eine der Hauptphasen des Freudenfests. Der zukünftige Bräutigam konnte selbst bei der „offiziellen Kuppelei“ mitwirken oder konnte seine Vermittler zur Familie der Auserwählten schicken. Traditionell fand die Svatanie im obligatorischen Beisein des Vermittlers statt, der eine zentrale Rolle in dem ganzen spielt. Welche?

Bedeutende Rolle des Vermittlers

Traditionell wurde keine ukrainische Hochzeit ohne den Vermittler abgehalten. In der Regel war der Vermittler eine Frau aus dem näheren Umfeld des Bräutigams, öfter sogar noch seine Patentante. Dem Vermittler oblag die wundervolle Ehre, den Eltern der Angebeteten die Hochzeit anzubieten. Oft hing das Glück junger Leute also von der Eloquenz des Vermittlers ab.

Die Svatanie - man kann es hier auch schon die “Verlobung” nennen - fand im elterlichen Haus der Braut statt. Um die Kuppelei erfolgreich über die Bühne zu bringen, musste der Vermittler eine Anzahl magischer Abhandlungen durchführen. Zum Beispiel, die Beine des Tisches zusammenbinden, sodass die Hochzeit gut verläuft oder den Kamin mit einem Tuch durchlüften, damit es leichter ist die Braut zu umgarnen.

Wenn die Paarzusammenführung erfolgreich verlief, dann wurde dem Vermittler ein Ehrenplatz auf der bald folgenden Hochzeit zugewiesen. Eine weitere Aufgabe des Vermittlers war es das Bett der Braut für die Frischvermählten vorzubereiten. Heute wird die Rolle des Vermittlers in der Regel von der Mutter des Bräutigams übernommen oder von einer älteren, verheirateten Schwester oder einem Freund des Bräutigams.

Diskussion über Hochzeit und Mitgift

In einigen Regionen der Ukraine glich die Svatanie der Präsentation eines heiratsfähigen Mädchens: die Eltern des Bräutigams konnten einen Blick auf die zukünftige Braut werfen und ihre Vorzüge und Mankos abschätzen. Die Vermittler sprachen natürlich auch über die Leistungen des Bräutigams und fragten zeitgleich auch nach denen der Braut. Es war eine umfassende Familienangelegenheit. Und nachdem es zu einer Einigung gekommen war, ging man dazu über den Hochzeitsvertrag zu diskutieren.

Das Hauptziel dieser Zusammenkunft war die Schlussfolgerung im Bezug auf die Eigentumsvereinbarungen, bzw. die Festlegung der wirtschaftlichen Basis der Hochzeit. Die Vermittler interessierten sich zum einen für die Mitgift der Braut. Und deren Eltern machten sich zum anderen Sorgen um die materielle Unterstützung ihrer Tochter durch den zukünftigen Ehemann. Hier ging es nicht nur um die Bezahlung für die Hochzeit an sich, sondern auch darum der ganzen zukünftigen Familie ein komfortables Leben bieten zu können.

Es gab einen Brauch in Übereinstimmung mit dem Bräutigam, nach welchem er Geld für die Hochzeitsgeschenke geben musste. Nicht nur Geld konnte als Geschenk weitergereicht werden, sondern auch Kleidung und Essen. Und so weit zurück, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sprachen die Menschen auch über ein Rindvieh, das der Vater als Mitgift geben würde und ein Stück Land als mögliches Geschenk. Später, während der sowjetischen Periode, wurden dann Geld und Sachen für den Haushalt als Mitgift ausgewählt. Die Menschen vereinbarten auch den Zeitpunkt und weitere Konditionen für ihre „Bezahlung“, genauso wie die Anzahl an Geschenken von beiden Seiten und die Gästeanzahl zur Hochzeit. Erfolgreiche Verhandlungen wurden in der Regel mit einem Handschlag besiegelt.

Dann beinhaltete die weitere Hochzeitsphase den Junggesellinnenabschied, das Backen eines runden Brots und die Dekoration eines rituellen Baums. In der traditionellen Heiratskultur aller ukrainischen Regionen haben Brote und Tücher schon immer die wichtigste Rolle gespielt. Die Menschen glaubten, dass eine Kuppelei ohne Brot gar kein richtige Kuppelei sei.

In der zentralen Ukraine war der Austausch von Brot ein spezielles Ritual: es war wichtig, dass die Eltern der Braut den Vermittlern gebackene Waren überreichten. Wenn die Gastgeber im Haus kein Brot austauschen wollten, dann hieß das, dass sie den Vorschlag zur Heirat nicht angenommen hatten. Die gleiche Aussagekraft hatte der Kürbis, der von dem Mädchen oder den Eltern mitgebracht wurde.

Svatanie zur heutigen Zeit

Der moderne Bräutigam begibt sich in der Regel nach vorheriger Absprache auf den Weg zu den Eltern. Er hat dann zwei Blumensträuße mit dabei – einen für die zukünftige Frau und einen für die zukünftige Schwiegermutter – und auch einige kleine Geschenke für andere Familienmitglieder. Wenn sich die Eltern der Braut und der Bräutigam bisher noch nicht kennengelernt haben, dann stellt das Mädchen sie einander vor. Dabei beginnt sie mit ihrem Vater. Der Vermittler – Vater, Patenonkel, Onkel, Familienfreund oder anders ausgedrückt, ein älterer Mann von der Familie des Bräutigams – kann den Bräutigam für gewöhnlich begleiten. Wie dem auch sein mag, der Bräutigam kann aber auch nur mit seinen Eltern kommen – mit seinem Vater und seiner Mutter – um ein Kennenlernen mit den Eltern der Braut zu erwirken.

Heutzutage ist die Svatanie in der Ukraine mehr ein „sich miteinander bekannt machen“ im Haus des Bräutigams oder der Braut. Während der Feier werden Details im Bezug auf das zeitnahe Event erörtert. Es wird auch beschlossen, wer welche Vorbereitungen trifft und wie die Finanzierung des Events erfolgen soll.

Das Ende dieses feierlichen Tages eignet sich ideal für eine Verlobung. Das junge Paar kündigt an sich verheiraten zu wollen. Der Bräutigam steckt der Braut den Verlobungsring an den Finger. Dort wird sie ihn bis zum Tag der Hochzeit tragen. Es kann sich hier um ein speziell gekauftes Schmuckstück oder ein Familienerbstück handeln. Die Zustimmung der Eltern der Braut wird durch das miteinander Verbinden der Hände des zukünftigen Brautpaars unterstrichen. Dazu wird ein traditionelles Hochzeitstuch benutzt.

Die ukrainische Tradition Tücher zu benutzen

Die Verwendung von bestickten Tüchern während der Hochzeitszeremonie blickt auf eine lange Tradition zurück. Ukrainer kennen daher sehr wohl den Wert eines solchen Hochzeitsmerkmals. Ein solches Tuch war und ist auch heute immer noch ein multifunktionales Hochzeits-Accessoires.

Ein Hochzeitstuch ist ein dekorativ besticktes Tuch, das aus Leinen-Material besteht. Die ideale Größe für ein solches Tuch liegt bei 35-40cm in der Weite und ca. 3-5m in der Länge. In der Vergangenheit war es die Braut selbst, die die Stickereien anbrachte. Das Tuch war dann Teil der Mitgift. Und nach weitverbreiteter Ansicht galt die Stickerei auf einem Hochzeitstuch auch zeitgleich als eine Art Amulett. Es sollte die Frischvermählten vor bösen Flüchen und dem „bösen Blick“ schützen. Die Braut musste während dem Besticken bei guter Laune sein und auch beten. Schließlich steuerte sie einen Teil für die Zukunft mit ihrem Ehemann bei. Daher werden diese Tücher in der Ukraine auch als das „Fundament“ des Familienlebens bezeichnet. Zur heutigen Zeit kann man sie in einem Geschäft für Hochzeits-Accessoires kaufen oder man bestellt sie von einer professionellen Näherin.

Die Eltern präsentieren dann später Tücher, Ikonen und Hochzeits-Brotlaibe auf einem Tisch für die Frischvermählten. Des weiteren müssen die Brautleute simultan den ersten Schritt auf das Tuch machen und dann darauf stehen. Dies gilt für während der Hochzeitszeremonie und während des offiziellen Teils der Vermählung im Registrierungsbüro. Ukrainer glauben, dass der, der den ersten Schritt macht, das Sagen in der Familie haben wird.

Ganz wie zu alten Zeiten werden auch heute noch 4 Arten von Tüchern als Hauptbestandteil der Hochzeit angesehen: das elterliche, auf dem die Frischvermählten für den Segen knien - das verbindende, mit dem die Hände des Paares zusammengebunden werden - das hochzeitliche für das Ritual in der Kirche - das gastfreundliche, mit dem die junge Familie begrüßt wird, nachdem die Hochzeit vollzogen ist.

Tradition des familiären Segens

Nach der Svatanie-Zeremonie als beliebteste Tradition in der Ukraine folgt die Vergabe des elterlichen Segens. Der Hauptgedanke dahinter ist, dass die wichtigsten Personen im Leben des Paares – nämlich die Eltern – ihren Segen für die Gründung einer neuen Familie geben.

Die guten Wünsche und der Segen der Eltern waren schon seit jeher ein schönes und berührendes Ritual. Gemäß der Bibel gab Gott den Eltern eine spezielle Macht über ihre Kinder, welche sie mit Weisheit und Liebe nutzen sollten. Deshalb meinen es die Ukrainer auch heute noch so ernst im Bezug auf dieses Ritual des Segnens. Die Hauptbedingung ist, dass beide Parteien – also Eltern, als auch Frischvermählte – getauft sind. Eine solche Heirat wird dann vom Himmel gestärkt werden, selbst wenn die Frischvermählten nicht kirchlich heiraten sollten.

Man befand sich in dem Glauben, dass Kinder, die ohne den Segen der Eltern heirateten, kein glückliches Leben führen und keine gesunden Nachkommen haben würden. Sie durften nicht kirchlich heiraten, ihnen wurde kein Wohlwollen mehr entgegengebracht und sie wurden sogar verdammt. Aber wenn die Eltern die Wahl der Kinder akzeptierten, dann wurde der Segen mehrere Male vergeben – während des Svatanie, nach der finalen Entscheidung im Bezug auf die Hochzeit, dann separat für Bräutigam und Braut, und last, but not least für das junge Paar vor der Hochzeitsfeier.

Heutzutage ist das alles viel leichter und hat oft einen formellen Charakter. Nur streng religiöse Menschen richten sich nach den alten Bräuchen. Nicht nur die Eltern sollen bei dem Ritual der Vergabe des Segens mitwirken, sondern auch die Paten der Frischvermählten. Das wichtigste bei allem ist, dass alle daran Teilnehmenden getauft sein sollten.

Separater Segen für Bräutigam und Braut

Heutzutage adressieren die Eltern den Bräutigam und die Braut am Hochzeitstag mit Worten der Ermutigung und zwar separat im eigenen Haus. Und dann segnen sie das junge Paar auch noch im Haus der Braut und begleiten es zum Registrierungsbüro.

Vor der Hochzeitszeremonie ist es akzeptabel, den Bräutigam separat vom Elternhaus aus zu begleiten. Die Eltern stellen frisch gebackenes Brot, sowie etwas Wasser und Salz auf einen weiß bekleideten Tisch und zünden auch einen Kerze an. Die Eltern des Bräutigams nehmen die Ikone des Retters Jesus Christus und segnen den knienden Sohn. Dann verbindet der Vater dem Sohn beide Hände mit einem Tuch und führt ihn dreimal rund um den Tisch. Die Mutter folgt den beiden mit der Ikone und einer Kerze. Auf diese Art und Weise bestätigen die Eltern ihre Unterstützung für den Sohn und geben ihm einige ermunternde Worte mit auf den Weg, bevor es dann zum Registrierungsbüro geht. Die segnenden Worte sind hiermit ausgesprochen worden.

Das “Fortschicken” der Braut wird im Haus ihrer Eltern nach demselben Prinzip abgehandelt. Der Braut werden ermunternde Worte zuteil und die Familie segnet sie mit der Ikone der Mutter Gottes. Ganz wie beim Bräutigam auch, werden die Hände des Mädchens mit einem Tuch verbunden. Sie wird dann dreimal im Uhrzeigersinn um den Tisch herumgeführt und zwar von ihrem Vater. Nach den Worten des Segens bringt der Vater die Braut zum Bräutigam und übergibt ihm deren Hand.

Segnen mit der heiligen Ikone

Gemäß des Rituals segnen die Eltern die Frischvermählten mit einer Ikone, aber wenn die Familien nicht religiös sind, dann können die Eltern auch einfach nur ihre Wünsche an das Paar übermitteln. In der Regel gibt es in jedem Haushalt eine Ikone, die immer wieder aufs Neue für die Erteilung des Segens innerhalb einer Familie genutzt wird. Die Zustimmung für die Hochzeit der Kinder wird vor dieser Ikone erteilt und man macht mit ihr auch das Kreuz vor dem Paar. Die Ikone wird dann von den Kindern an die Enkelkinder weitergeben. Sie bleibt von Generation zu Generation im Besitz der Familie.

Es verhält sich so, den Bräutigam mit der Ikone des Retters Jesus Christus zu segnen und die Braut mit der Ikone der Gebenedeiten. Danach machen Braut und Bräutigam ein Kreuz und küssen die heiligen Ikonen. Dieser Brauch des Segnens mit einer Ikone bedeutet, dass die Eltern nun nicht länger für die Erziehung der Kinder zuständig sind und sie sie hiermit in die Hände Gottes legen.

Fall eines der Elternteile von Bräutigam oder Braut bereits verstorben ist, dann wird der Segen von dem noch lebenden Elternteil vergeben. Dies kann aber auch gerne von den Paten übernommen werden. In der Vergangenheit war deren Teilnahme am Ritual verpflichtend – ist heutzutage jedoch eher selten.

Die Wichtigkeit des elterlichen Segens

Der elterliche Segen für das Leben eines Paares hat nicht nur mit dem Wunsch nach Glück und Liebe für die Kinder zu tun. Er ist darüber hinaus die elterliche Zustimmung für die Auswahl von Sohn oder Tochter im Bezug auf den Lebenspartner. Die Vergabe ist zudem auch ein wichtiger Moment, in dem sich die Beziehung zwischen dem Paar und den Eltern vertieft.

Es kann alles gar nicht anders verlaufen, denn die Eltern, die sich Glück und Gesundheit für ihre Kindern wünschen, sind die am nahestehendsten und liebsten Leute im Umfeld von Bräutigam und Braut. Sie kümmern sich zeitlebens und machen sich während der Vergabe des Segens viele Gedanken um sie. Diese Momente sind sehr berührend und kommen nicht ohne Tränen aus.

Die Frischvermählten danken ihren Eltern, nachdem sie die guten Wünsche vernommen haben. Sie küssen dreimal gemäß des slawischen Brauches. Dann verneigen sich die Brautleute und werden zu ihrem Hochzeitsgefolge geleitet. Dabei sind viel Glückwünsche mit von der Partie und es werden Körner, Münzen und Süßigkeiten geworfen.

Die Frischvermählten können sich sicher sein, dass das Leben der jungen Familie freudvoll und glücklich, voller Verständnis, Zärtlichkeit und Liebe sein wird, aber auch nur wenn sie vor dem Gang zum Registrierungsbüro die guten Wünsche und den Segen der Eltern erhalten haben!

Juliya



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